So, ich habe mich kürzlich einen Halbtag dem Tonale gewidmet.
Getestete Version: Tonale Speciale 130
Allgemeiner Eindruck:
Der Tonale ist ein optisch ansprechendes Auto, in den man sich reinsetzt und losfährt als ob man schon lange damit rumkurvt.
Ich habe mich extrem schnell an das Fahrzeug gewöhnt. Interieur, Materialien, Türen etc. hinterlassen einen wertigen Eindruck.
Das Fahrzeug fährt sich komfortabel, ist für den Alltag ausreichend motorisiert.
Fahrwerk und allg. Fahrverhalten
Erstaunlich, was man aus einem Compass mit etwas Modifikationen machen kann.
Das Auto ist sehr gut/komfortabel gefedert. Dennoch zieht das Gefährt erstaunlich agil um die Kurven. Es braucht viel, bis er untersteuert. Spürbares Wanken in Kurven gibt es praktisch nicht.
+ gelungener Spagat zwischen Langstreckenkomfort und gewisser Sportlichkeit
- absolut keine...das passt so ziemlich perfekt
Lenkung:
Klar kann man nicht die Rückmeldung analog Giulia/Stelvio erwarten. Es ist deutlich "synthetischer" und weicher.
Aber die Lenkung ist ebenso sehr direkt ohne dabei nervös zu sein; auch auf der Autobahn sehr komfortabel.
+ direkt, für mich unauffällig, komfortabel
- keine, für diese Kategorie absolut OK
Motor- und Getriebe:
Die Kritik an diesem Motor kann ich nicht ganz teilen.
Von 130ps (+e-Maschine) kann man keinen Rennwagen erwarten. Aber der Wagen ist damit mehr als ausreichend motorisiert. Ich war auf kleinen Bergstrassen damit genügend flott unterwegs, musste ab- und an überholen, was ebenso problemlos vonstatten geht.
Eine Anfahrschwäche (in D-Modus) kann ich nicht bestätigen. Im Gegenteil, man spürt den E-Schub, fast so als wäre dieser Motor an der Hinterachse verbaut.
Das Zusammenspiel der Motoren geschieht unfauffällig. Der MHEV ist vorallem ein Komfort-Plus innerorts (man hält an und das Aggregat ist aus) sowie im Wechsel Ausserorts/Innerorts. Mit vorausschauender Fahrweise lässt sich ausrollen und 1-2km im E-Moduls bei haltender Geschwindigkeit durch das Dorf rollen (sofern flach und freie Fahrt).
Das Ganze fährt sich wie die Giulia mit Segelmodus, einfach mit dem Vorteil, dass der Motor aus geht. Das Einschalten ist sanfter als das Schliessen der Kupplung im ZF-Wandler der Giulia.
Etwas skurril ist das hochfahren des Motors nach einer gewissen Zeit bergab. Zuerst merkt er, dass man sich bergabwärts bewegt und schaltet den Motor aus. Nach einer Weile dreht er plötzlich hoch, teils bis an den Begrenzer. Was die genaue Idee dahinter ist, ist mir nicht ganz ersichtlich. Ähnliches bei vollem hochbeschleunigen.
Naja, dann lassen sich die Schaltpaddels nutzen, die ich sonst bei diesem Motor eigentlich nicht benötige...
Damit verbunden aber auch ein Nachteil: wenn sich nicht mehr weiter hochschalten lässt, wird dies jedes Mal mit einem nervigen Piepston quittiert.
Verbrauch:
Ich habe den Wagen vollgetankt, bis die Säule stoppt, ein weiteres Mal gedrückt, bis sie nochmals ausschaltet.
Nach 179km das ganze Prozedere nochmals. Fahrprofil: 20% kleine, kurvige Bergstrassen, 50% Wechselnde Innerorts/Ausserorts-Strecken. 30% Autobahn 100-120 kph.
Durchschnittsverbrauch: 5.52 ltr errechnet.
+ Verbrauch
+ Komfortgewinn
+ Zusammenspiel der Motoren unauffällig/sanft
- teils die Schaltlogik
- nervige Piepstöne
Interieur:
Sehr gute Sitze. Mir persönlich gefällt aber die Sitzposition in SUVs generell nicht. Man sitzt eher "darauf" als "darin integriert".
Weiche Armauflage. Generell hinterlässt das Auto hier einen wertigen Eindruck. Nur das geschäumte Dashboard sieht für mich billig aus (grobe struktur, dunkelgrauer Farbton). Lässt sich mit Alcantara-Version ausmerzen...
Der Compass ist für mich innen nach Opel Karl und Chevrolet Cruze das biederste Auto überhaupt. Man konnte den Tonale gut von diesem Feeling abhalten. Nein, keine Emotionen
a la Giulia-Lusso, aber das sehe ich auch im Stelvio nicht. Optisch ansprechend, bequem und irgendwie unauffällig.
+ im Klassenvergleich top
+ bequem
- im Rahmen der halbtägigen Testfahrt keine nennenswerten Negativpunkte (Zeit zu kurz)
Infotainment:
Nicht mein Bereich, schon eher der Beifahrerin

Intuitiv, scharf, nicht überfrachtet, Kopplung des Mobiltelefons geht gut
+ auf der Höhe der Zeit
- es wurde nichts vermisst
FAZIT:
Der Tonale ist ein komfortables, gutaussehendes, wertiges Alltagsfahrzeug. Der Wagen ist Langstreckentauglich.
Keine Rennmaschine, ausreichend motorisiert, aber die Lenkung und das Fahrwerk lassen durchaus auch mit 130Ps Motor Alfa-Gefühle hochkommen.
Wenn sich der auch nicht verkauft, liegts auch da (klassenbezogen!) nicht am Produkt.
Ich könnte mir das Fahrzeug vom allgemeinen Setting her auch als Diesel gut vorstellen.